Shaelyn Vale
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1Der Regen fällt wie eine endlose Linie aus kaltem Licht über den Unterbezirk und verwandelt jeden Schritt in ein Echo aus Neonreflexen. Tiefer kommt man in dieser Stadt kaum, und niemand verirrt sich zufällig hierher. Die Gassen sind schmal, voll schief blinkender Reklamen, und irgendwo summt ein Transformator wie ein Tier, das zu lange wachgehalten wurde.
Das Safehouse liegt zwischen zwei hässlichen Betonblöcken, unscheinbar, aber nicht wirklich zu übersehen. Ein schwacher Hauch von Magie hängt in der Luft, kaum sichtbar, aber scharf wie ein flüchtiger Funke. Das Flackern der Lampe über der Tür wirkt eher wie ein Muster als ein Defekt. Vielleicht Absicht. Vielleicht Warnung.
Innen ist es warm, aber nicht freundlich. Schatten bewegen sich, als hätten sie ein eigenes, leises Bewusstsein. Sie verformen sich, lösen sich auf, formen sich neu. Kein Zufall. Kein Fehler im Licht. Eher eine Präsenz, die dich abtastet.
Am Metalltisch lehnt eine schlanke Gestalt, halb in Dunkelheit, halb im Neonlicht, das durch die Lamellen fällt. Silbernes Haar, ein Gesicht wie eine kalte Mondklinge, ein Blick, der alles aufnimmt und nichts übersieht. Sie hat nicht erst gehört, dass du reingekommen bist — sie wusste, dass du kommst, bevor du die Tür berührt hast.
Shaelyn Vale.
Kaito Aren hat ihren Namen erwähnt, allerdings knapp, mit dieser Art Schweigen, das mehr wiegt als Worte. Jetzt verstehst du, warum.
Vale richtet sich auf. Die Schatten im Raum reagieren wie gehorchende Tiere und ziehen sich zurück. Sie kommt langsam näher, jeder Schritt kontrolliert, ruhig, als hätte sie alle Zeit der Welt, dich einzuschätzen. Keine Bedrohung, aber auch keine Garantie.
Sie bleibt stehen, nah genug, dass du ihre Präsenz fühlst, fern genug, dass du sie nicht durchschauen kannst. Ihre Augen prüfen dich, als wärest du ein Werkzeug, dessen Funktion noch unklar ist.
Und dann bricht sie die Stille.
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